Bundesheer lockerte über interne Anweisung Umgang mit Identitären
04.04.2019
Das Bundesheer hat seinen Umgang mit Mitgliedern und Unterstützern der rechtsextremen Identitären Bewegung gelockert. Eine interne Anweisung des Abwehramtes von vor eineinhalb Monaten, die DER STANDARD einsehen konnte, besagt, dass Soldaten mit einer Mitgliedschaft bei den Identitären künftig nicht mehr automatisch mit einem Sperrvermerk oder der Entorderung zu versehen sind. Das Abwehramt ist für den Eigenschutz des Bundesheeres zuständig, also beispielsweise für die Beobachtung von Rechtsextremen oder Islamisten in den eigenen Reihen.
Früher: Informanten in der Vergangenheit eingeschleust
In der Vergangenheit nahm das Abwehramt die Bedrohung durch die Identitäre Bewegung sehr ernst. Es schleuste 2017 einen Informanten in die Identitäre Bewegung in der Steiermark ein, der schlussendlich bei der rechtsextremen "Partei des Volkes" landete und an der Schändung einer Moschee beteiligt war.
Bei seinen Beobachtungen dazu kam das Abwehramt auch mit der freiheitlichen Führungsspitze in Berührung, weil sich der damalige FPÖ-Chef und heutige Vizekanzler Heinz-Christian Strache und der damalige steirische FPÖ-Obmann und heutige Verteidigungsminister Mario Kunasek Ende 2015 in der Steiermark mit Rechtsextremen getroffen hatten. Deshalb soll es zu Grabenkämpfen im Abwehramt gekommen sein. Ein dortiger Abteilungsleiter kandidierte für die FPÖ bei der Nationalratswahl 2017.
"Keine Grundlage" für Sperrvermerk
Beim Bundesheer bestätigt man die Existenz der internen Anweisung. Die Identitäre Bewegung sei nicht verboten, daher sei auch eine Mitgliedschaft bei ihr für Soldaten nicht grundsätzlich verboten, sagt Bundesheersprecher Michael Bauer dem STANDARD. "Für Sperrvermerke oder Entorderungen muss es immer eine Grundlage geben: eine strafrechtliche Verurteilung, einen laufenden Prozess oder ein Disziplinarverfahren", so Bauer. Wenn etwa ein Soldat bei Aktionen der Identitären Bewegung dabei sei, könne das Abwehramt aktiv werden. Dieses habe Rechtsextremismus beim Heer "im Griff". Laut Bauer war die Anweisung deshalb so explizit, weil es in der Vergangenheit immer wieder Sperrvermerke gegen identitäre Soldaten gegeben habe. Er betont, dass Minister Kunasek nicht über die Anweisung informiert worden ist, weil sie ein "Detailvorhaben" des Abwehramts ist. Anlass für die Anweisung war der rechtskräftige Freispruch beim Prozess gegen Identitären-Führungskräfte als "kriminelle Vereinigung". Pilz: "Öffnung für braunen Block"
Empörte Reaktionen der Opposition
Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz warnte davor, dass der "österreichische Rechtsstaat gefährdet ist". Die Lockerung für Soldaten sei ein "fatales Zeichen in der gegenwärtigen Situation".
Danke an @derStandardat für die wichtige Recherche über den FPÖ-Persilschein für die #identitaeren im #Bundesheer. Um 12.30 Uhr alle Details zu 56 Sperrvermerken.
Update 13:00:
Verteidigungsministerium rudert zurück
Kunasek will doch weiterhin Sperrvermerke für identitäre Soldaten
Verteidigungsministerium reagiert auf Recherchen des STANDARD über geänderten Umgang des Heeres mit der Identitären Bewegung Das Bundesheer hatte für kurze Zeit seinen Umgang mit Mitgliedern und Unterstützern der rechtsextremen Identitären Bewegung gelockert. Eine interne Anweisung des Abwehramtes von vor eineinhalb Monaten, die DER STANDARD einsehen konnte, besagte, dass Soldaten mit einer Mitgliedschaft bei den Identitären künftig nicht mehr automatisch mit einem Sperrvermerk oder der Entorderung zu versehen sind. Das Abwehramt ist für den Eigenschutz des Bundesheeres zuständig, also beispielsweise für die Beobachtung von Rechtsextremen oder Islamisten in den eigenen Reihen. Nach empörten Reaktionen von den Oppositionsparteien ruderte Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) am Donnerstagmittag zurück. Er gab an, dass das Heer "wieder zur alten Regelung" zurückkehren solle. Die Aufhebung der Sperrvermerke sei "ohne Weisung des Ministers erfolgt". Laut Kunasek habe "Extremismus im Bundesheer nichts verloren".